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Ehrengarde
Léo nickte den beiden Gefährtinnen zu und machte sich daran, einen guten Weg nach Innen zu suchen. Von Vornherein war klar, dass sie etwas Höhe brauchen würde, um sicherer einsteigen zu können.
Dafür benutzte sie zunächst einmal den Busch, den auch Haile schon für den Weg auf Dach verwendet hatte. Es war kaum ein Problem, das knorrige Geäst war stark und bot viel Halt. Sie kam an der Stelle an, wo ihre wortkarge Begleitung offenbar einen Blick hineingewagt hatte. Die Latina nun folgte diesem Prinzip, um sich selbst einen schnellen Überblick zu verschaffen, wo genau sie denn hinmusste. Sie wollte nur ungern am falschen Ende des Hauses hereinklettern und damit ihre ohnehin nicht glänzenden Chancen noch weiter minimieren.
Der Futterraum war schnell ausgemacht, das emsige Wuseln zog den Blick sofort auf sich. Léo schätzte die Entfernung ab und kletterte dann weiter. Das Glas unter ihr knarzte hin und wieder bedenklich. Bei jeder zweiten Scheibe entfernte sie etwas von dem weichen grünen Flaum, um sich ihres Kurses zu vergewissern und etwas Licht in das Haus zu bringen-jede Hilfestellung würde den Dreien helfen, besonders, wenn sie sehen konnten, was sie taten.
Kurze Zeit später fand sich die Halbmexikanerin fast direkt über ihrem Ziel wieder. Nun kam fast noch der spaßigste Teil- einen Eingang finden. Unter sich konnte sie die Massen an langen, sich windenden Körpern sehen. Warum genau hatte sie sich gleich nochmal freiwillig für den beschissensten Teil des Plans gemeldet, bei dem die Wahrscheinlichkeit, elendig zu krepieren, am höchsten war?
Richtig, weil Evi nicht klettern konnte und sie es Haile nicht hätte machen lassen mit ihrer unbedarften Einstellung den Schlangen gegenüber. Mierda. Naja, im Notfall würde sie selbst als Köder für die Schlangen herhalten und zeigte dann vielleicht damit ihren Willen, der Gruppe helfen zu wollen.
Sie schüttelte die Flut an Gedanken ab, als sie dadurch fast per Expressflug durch eine zerbrochene Scheibe den Reptilien als Buffet zugeflogen wäre. War ja wieder klar, kaum fokussiert man sich einen Moment auf etwas anderes, stolpert Dir Dein eigentliches Ziel entgegen. Wenn sich das nur für ihre ganze Adam-Unternehmung anwenden ließe. Ob die Scheibe nun durch mutwillige Zerstörung oder einfach nur einen fetten gestorbenen Vogel zerschlagen worden war, konnte sie nicht mehr ausmachen. Wichtig in jedem Fall war, dass sich die Reptilienhaus-heimische Flora ihren Weg nach draußen gebahnt hatte in dem unbändigen Verlangen, etwas Licht abzubekommen. Jackpot.
Léo überprüfte vorsichtig, ob die Äste ihr Gewicht tragen würden. Als die Versuchsreihe zufriedenstellend abgeschlossen wurde stieg sie ohne weiteres Drumherum ein.
Das Innere des Hauses lag weiterhin im Halbdunkel, trotz der Lichtstrahlen, die nun in einer Reihe durch ihren Aufwand das Haus mehr schlecht als recht erleuchteten. Die Luft war unglaublich muffig und schwül, sie fühlte sich wie in einem Gewächshaus. Nunja, das lag wahrscheinlich daran, dass dieses Haus inzwischen ein Gewächshaus mit Schlangeneinlage geworden ist.
Behände hangelte sich Léo an Lianen und Ästen voran Richtung Futterraum. Bis auf einen fetten Leguan an einer riesigen Palme und zahlreiche Insekten hatte sie keine tierischen Kontakte gemacht, worüber sie mehr als froh war. An einem Ast 10 Meter über dem Boden hängend mit der Machete gegen giftige Tierchen zu kämpfen und sich damit womöglich die eigene Halterung abzuhacken war nicht gerade ihr Wunschverlauf. Einfach weiterklettern.
Schließlich kam sie mit einem fast schon zirkusreifen Sprungmanöver auf einem Vorsprung beim Futterraum an. Kurz atmete sie durch, der Affe auf ihrer Brust schien durch das kräftige Heben und Senken derselben fast zu atmen. Fuck man, sie war wirklich ein Affenmädchen! Und niemand konnte es bezeugen, super.
Nattern und Vipern tummelten sich hier zu Häuf. Jetzt begann der spaßige Teil. Léo musste schnell sein, aber ruhig bleiben und sich möglichst nicht ruckartig bewegen. Wenn sie etwas über die Jahre mit einigen Schlangenbegegnungen gelernt hatte, dann, dass Schlangen da sehr empfindlich drauf reagieren. Und wahrscheinlich deswegen den kleinen Nagern viel mehr Beachtung schenkten als ihr. Wenn sich jetzt noch die kleinen Fellknäule anlocken ließen, hatte sie wirklich eine Chance, das lebend zu überstehen.
Mit langsamen, fließenden Bewegungen tastete sie die Tür und Fenster ab. Eines von ihnen hatte einen feinen Riss, durch den sich die Mäuse anscheinend hin und wieder zwängten. Mit der Spitze ihrer Machete hebelte die Latina es fast lautlos heraus. sie hob den Sack mit dem Köderduft etwas an, sodass der Geruch zu den Mäusen dringen konnte. Keine Sekunde später sprang ihr ein Schwall von kleinen weißen, braunen und schwarzen Bällen entgegen. Eifrig verbissen sie sich in das Leinen, offenbar waren sie wirklich ausgehungert oder Léo hatte das Crystal Meth für Nagetiere entdeckt.
Sie entfernte sich etwas vom Fenster, doch der Strom riss nicht ab. Es schien sich unter der Mäusekolonie rumzusprechen, dass es da etwas geiles gab, durch die Scheiben konnte Léo erkennen, wie sich ein Meer aus Fell aus den Regalen und Nischen entfernte und den neuen großen Ausgang zuströmte.
Doch nicht nur im Futterraum kam erheblich koordinierte Bewegung in Gang. Es war, als hätte die Schwarzhaarige einen großen Essensgong geschlagen, den das bis eben noch sanfte Zischen, dass hin und wieder durch das Haus hallte, erhob sich zu einem Fortissimo und sie sah, wie ein Meer aus Schlangen auf sie, oder eher das Mäusebuffet zuschnellte. Nun hieß es die Beine in die Hand nehmen.
Schnellen Schrittes, aber immernoch darauf bedacht, nicht selbst als attraktives Ziel durchzugehen, machte sich Léo auf in Richtung Nebengang. Dabei schüttelte sie die Mäuse vom Sack und ihrem Arm ab, die fast sofort in die Mäuler der nun sehr aktiven Schlangen purzelten. Léo hoffte inständig, dass es genug Mäuse schaffen würden, um die Schlangen zusammenzutreiben. Ein rascher Blick hinter sich verriet ihr, dass der Fluss aus Mäusen so stark war, dass noch immer Tausende aus dem kleinen Fenster drängten, als ob es nie aufhören würde.
Sie wählte extra eine Route über ein starkes Geäst, sodass nicht allzu viele Giftschlangen bereits ihren Hunger stillen konnten. Wenige Meter entfernt vom Nebengang holte sie aus und warf den Sack kurzerhand weit in diesen hinein, ehe sie sich an einem Baum hochzog und beobachtete.
Die Mäuse wuselten munter weiter dem Sack entgegen und bildeten eine immer größer werdende Kugel aus Fell darum, während das Gros an Schlangen aus dem Haus sich dem bereiteten Fress El Dorado entgegenschlängelten. Die Nager taten Léo beinahe leid, gerade die, die sie von ihrem Körper abschütteln hatte müssen.
Ein Berg aus lebenden Leibern, befällt oder ohne Gliedmaßen, türmte sich im Nebengang und Léo war klar, dass sie nun schnell den Rest ihres Plans durchziehen mussten. Zeit, um zum Eingang zu schnellen war da nicht, also suchte sie schnell nach einigen Nüssen, die im Baum hingen und schmiss diese mit aller Kraft durch das halbe Haus gegen die Tür zu werfen, um Evi und Haile anzuzeigen, dass sie loslegen konnten.
Geändert von Mephista (11.10.2015 um 13:46 Uhr)
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